Die Ausstellung als Diashow
Marta Djourina
FLASH FORWARD: Vom Licht zur Farbe
Marta Djourina erforscht in ihrer künstlerischen Praxis das Wesen des Lichts anhand fotografischer Experimente: Auf fotosensitivem Papier ergreift sie Momentaufnahmen von Lichtzuständen und visualisiert somit die materiellen und anti-materiellen Eigenschaften jenes Mediums.
Ihre Werkserien sind eng miteinander verschränkt und können als ein umfassender ästhetischer Prozess wahrgenommen werden. Hierbei konzentriert sich Djourina auf das Ausreizen von Genresgrenzen, verknüpft die Impression des Lichts ebenso mit Zeichnung und Malerei als auch Performance, lässt das analoge Fotopapier als skulpturale Erscheinung ihren eigenen Schatten werfen und formt aus Lasern, Glühbirnen und Dioden weite Landschaften aus kompositorischen und farbintensiven Ereignissen.
Djourina fühlt sich sowohl im Klein- als auch im Monumentalformat bis zu 6 m Länge zuhause, untersucht in diesen unterschiedlichen Flächen das Potential, durch Licht Raum zu erzeugen. Ihre Serie Folds II widmet sich der kompositorisch-ästhetischen Wechselwirkung von unterschiedlichen Belichtungen und haptischen Faltenformen. Nach dem Einfluss der Lichtquelle aus verschiedenen Positionen entfaltet Djourina das Papier zu seiner Rechteckigkeit zurück, wobei sowohl die Belichtungskanten als auch die realen Falten als Linienlandschaften zurückbleiben und eine räumliche Irritation erzeugen. Sanfte Farbräume, die sich weich über das Papier legen, klar voneinander abgetrennt, ein Knick im Papier ist dort ein Abbild, hier real.
Die Wandelbarkeit von Licht und dessen physikalische Charakteristika im analogen Abbildungsprozess finden ihre Entsprechung im experimentellen Ansatz von Djourina. In Werkserien kleinerer Formate wird der Facettenreichtum des Mediums abgebildet und in seinem ästhetischen Potential ergriffen. Hochindividuell fließen intensive Farbflächen als dichte Wolke ineinander, bis eine harte Kante eine Form definiert, weiche Pinselstriche heben sich diffus von dichtem Schwarz ab, Linien setzen kompositorische Entscheidungen und halbtransparente Schichten erweitern den Bildraum in eine sanfte Tiefe.
Mit jedem Projekt taucht Djourina tiefer in die Sphäre des technisch Möglichen ein, untersucht die Werkzeuge und ihre Auswirkungen und verschränkt diese im künstlerischen Prozess miteinander. Dadurch hebt sie eine klare Hierarchie zwischen Herstellung und Resultat auf.
Die sogenannten Filtergramme entstehen in einer Wechselwirkung aus einem Objekt, einem Vergrößerungsgerät und der Oberfläche des Fotopapiers. Djourina faltet farbige Papiere in dreidimensionale Kompositionen, die sie in einem nächsten Schritt in einem Vergrößerer platziert: Die objekthafte Collage wird durch die Lichtquelle auf dem Papier abgebildet. Hierbei ereignen sich unterschiedliche Prozesse, die das Endergebnis beeinflussen: Das analoge Farbpapier invertiert die Koloration des Objekts, der Gegenstand verfremdet sich im Bild zu einer abstrakten, grafischen Erscheinung und gibt somit Auskunft über die Möglichkeiten des ästhetischen Ausdrucks in der Dreiecksbeziehung von Licht-Objekt-Raum.
Der experimentelle Ansatz Djourinas im Umgang mit Licht verleiht ephemeren Eigenschaften eine Anschauung, visualisiert ästhetische Potentiale und lässt den Betrachtenden in Farb- und Formwelten tauchen, die dem Auge sonst verborgen bleiben würden.
Text: Helene Bosecker
Die Werke sind im Carousel der Reihenfolge „Werk 1“ – „Werk 37“ nach sortiert. Um die Bildbeschreibungen abzurufen klicken Sie bitte hier.
VIDEO
Pater Noster
2016/2018, 3:45’’, Loop
Bild: Marta Djourina
Sound: Jane Garbert
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